Ich habe ebenfalls für mich sehr lange darüber nachgedacht und recherchiert. Witzigerweise gehe ich prinzipiell lieber in die Kirche als meine Eltern, die sich selber ohne groß darüber nachzudenken als Christen bezeichnen (Meine Eltern sind was in-die-Kirche-gehen anbelangt "Event"-/"Trittbrett"-/"U-Boot"-Christen und was es nicht sonst so für Bezeichnungen gibt). Das liegt bei mir aber vor allem daran, dass wir im Dorf immer tolle Pastoren hatten, deren Predigten immer sehr weltlich und mehr philosophisch denn religiös waren.
movieboy hat geschrieben:Meine Eltern sind auch nicht religiös, wollen aber aus Gewohnheit noch in der Kirche bleiben (das einzige Mal das wir in die Kirche gehen ist an Weihnachten vor dem Essen ).
Eine sehr schöne Diskussion übrigens, die mit "Ich bin aus der Kirche ausgetreten [...] Wie ist das bei euch? Seid ihr Mitglied der Kirche? Denkt ihr, der Staat sollte die Kirche durch Steuern finanzieren oder sollte der Staat mit der Kirche nichts zu tun haben? An was glaubt ihr?" begann und in verschiedenen Sichtweisen von Atheismus über Agnostizismus bis hin zu einer bewussten, eigenen Auffassung von Glauben aufging und Lust auf mehr macht.
Besonders der Kommentar von fusselchen hat mir gefallen. Nicht, dass die anderen Beiträge damit schlechter wären. Das liegt eher daran, dass ich es immer wieder toll finde, weg von einem "strengen Glauben" auf viel weitreichenderem Gebiet zu diskutieren und das ganze gut zu durchdenken. Aber dazu weiter unten mehr.
movieboy hat geschrieben:Zum Thema wie der Staat mit der Kirche zusammenhängt bin ich der Meinung das die Kirchensteuer abgeschafft werden sollte. Die Kirchen sollten sich wie normale Vereine selber durch Mitgliedsbeiträge finanzieren. Warum sollten auch nicht Mitglieder, die Verwaltung die der Staat der Kirche abnimmt, bezahlen ? [...] Aber dass der Staat wie aktuell noch so stark mit der Kirche verbunden ist, ist meiner Meinung nach nicht richtig.
Dem stimme ich ganz klar zu. Warum sollte jemand für etwas zahlen, was er nicht benutzt? Und allein schon da, dass Staat und Kirche an sich zwei Paar Schuh' sind, sollten sie auch so behandelt werden. Dasselbe ist ja in der jüngsten Diskussion über das Film- und Tanzverbot am Karfreitag aufgekommen.
movieboy hat geschrieben:Des weiteren finde ich es einfach nur krass das es in einer modernen Gesellschaft wie heute immer noch das Kirchenarbeitsrecht gibt! So haben Kirchen zum Beispiel ein besonderes Kündigungsrecht und könnte zum Beispiel Homosexuelle wegen "fehlender Loyalität" feuern.
Ja, das ist ohne Frage einfach nur unmöglich und weder moralisch noch arbeitsrechtlich in irgendeiner Weise gerecht. Nur, dass der Staat das weiterhin erlaubt. Ohne das jetzt für direkte Kirchenmitarbeiter zu legitimieren, aber es gibt ja sogar Entlassungen von Religionslehrern an katholischen Schulen, da dort der Arbeitgeber für Religionslehrer immer noch die katholische Kirche ist. Warum!?
TechBoy hat geschrieben:Die Erde ist 4,5 Mrd Jahre alt und alles was Lebt, ist das Ergebnis natürlicher Selektion und Evolution.
[...]
Ich bevorzuge eigenständiges und kritisches Denken.
Okay, dazu gab es immer wieder mal Diskussionen darüber, dass das eine das andere nicht zwangsläufig ausschließt, aber das lasse ich an dieser Stelle mal...
TechBoy hat geschrieben:Wer der Meinung ist, dass es fliegende Einhörner und Kobolde gibt und diese Ansicht logisch begründen möchte, der muss diese Existenz auch beweisen können - nicht umgekehrt.
Solange sich das darauf bezieht, dass du keinem Glauben angehören willst, aber nicht darauf, dass du Gläubigen ihre Religion absprichst, bin ich damit einverstanden

TechBoy hat geschrieben:Mich hat zudem auch die enorme Bigotterie, Heuchelei und Verlogenheit gestört, die bei vielen Predigern und Anhängern herrscht.
Andere Religionen sind in der Hinsicht jedoch auch nicht besser.
Kann es sein, dass du da Glaube und Religion durcheinander wirfst? Oder denkst du über beide dasselbe?
Ich habe in einem Workshop mit dem Namen "Ethik- und Religionsgespräche" (bietet meine Schule halt statt klassischen Religionsunterricht an und ist bei weitem nicht so religiös oder religionsgebunden wie dieser) an meiner Schule erstmals von einer Theorie der Unterteilung des Religionsbegriffs gehört. Sie zeigt detaillierter, was wir oft zu einem Begriff vermischen und dann Sachverhalte nicht mehr auseinander halten können (wie beispielsweise bei der Frage ""Warum hat Fanatismus nichts mit Religion an sich zu tun, wenn er doch wie im Fall des IS religiös motiviert ist und sich dem Islam zugehörig fühlt?"):
- Religion: die Rahmendaten, die eine Religion mit sich bringt (also die Thora/Tanach, Bibel, Koran, die Gemeinschaft)
- Religiosity: der eigene Glaube. An was auch immer. Das ist nicht auf einen Gott beschränkt. Religiosity kann Spiritualität oder Esoterik sein (quasi der Sinn des Lebens, das was für einem der rote Faden im Leben ist).
- Religism: das strikte Ausleben der Religion gegenüber anderen. Ist die Religismkomponente verstärkt, dann gibt es für dich nur eine Religion, und alle anderen sind falsch. Das geht bis dahin, dass man glaubt, sie müssten bekämpft und vernichtet werden. Was letzendlich zu Fanatismus führt; also die gefährlichste und am weitesten entfernte Komponente vom eigentlichen Religionsbegriff
Also das jetzt mal aus dem Kopf. Ich kann für 100% Korrektheit an dieser Stelle nicht garantieren.TechBoy hat geschrieben:Ich bevorzuge eigenständiges und kritisches Denken.
Ich glaube, dass, wenn man das will, man, wie man am Beispiel von fusselchen sehen kann, genau damit erst zu einem Glauben finden kann (wie gesagt, wenn man sich nicht für Atheismus entscheidet, was auch völlig legitim ist).
TechBoy hat geschrieben:Ich plädiere immer für eine strikte Trennung von Kirche und Staat, sprich: Keine Kirchensteuer, Kein Religionsunterricht oder religiöse Veranstaltungen an öffentlichen Schulen, keine Bevorzugung einer Religion durch den Staat und somit rechtliche Gleichstellung aller Glaubensgemeinschaften.
(y)
Wobei: Der Religionsunterricht sollte natürlich nicht wegfallen, sondern halt sowas wie Ethik und Philosophie haben.
fusselchen hat geschrieben:Da bekommt man schon ein Bild vom „lieben Gott“ und den anderen Protagonisten vermittelt welches man später nur schwer, wenn überhaupt, wieder los wird.
Ich habe ebenfalls eine "christliche Erziehung" erfahren. Damit meine ich jetzt weder eine katholische Strenge, noch starke Gläubigkeit der Eltern, sondern eher dieses kleine, verborgene, was du in dem Zitat auch beschreibst, fusselchen: So Dinge, die auch oft bereits Teil der Kultur sind und keiner mehr so wirklich darüber nachdenkt, aber die ihren Ursprung in (der Denkweise) einer bestimmten Religion haben. ist nicht böse gemeint, aber muss nicht sein.
@fusselchen: Deine Theorien zu Erleuchtung und Dualität haben mir sehr gefallen :3
Ja, ich glaube auch an eine solche Dualität (oft auch Ying & Yang). Ich selber fühle mich mittlerweile dem zugehörig, was unter dem Begriff Synkretismus zusammengefasst ist. Das klingt erstmal nach: Kann man sich biegen, wie man will, aber natürlich setzt das viel Wissen/Verständnis und Recherche (dennoch sind wir alle fehlbar und nie allwissend) und eine gewisse Verantwortung sich selbst gegenüber voraus: Synkretismus bedeutet im Kern, dass man sich seine eigene Religion aus dem Besten aus anderen Religionen und Weltanschauungen "zusammenpuzzled". Wie gesagt, sehr subjektiv, aber sollte deshalb auch nach besten Wissen und Gewissen zusammengestellt und ständig hinterfragt und konkretisiert werden.
Ich mache hier mal fürs Erste Schluss, da ich eh nicht glaube, dass das hier allzu viele lesen werden. Tut mir leid, dass das so lang geworden ist.
"Sei du selbst. Alles andere wirst du eh verkacken" — Marie Meimberg